Mike erschrak so sehr über den plötzlich auffrischenden Wind, dass er seine Tasse auf das Deck fallen liess, wo diese in tausend kleine Scherben zersprang.
«Wind! Russell schnell! Endlich Wind! », rief er aufgeregt.
Voller Freude sprang er aus der Hängematte und begann hastig, an den Seilen des Segels herumzuhantieren.
Seit sie vor 10 Tagen überstürzt aus Saint Johns geflohen waren, lagen sie in dieser gottverlassenen Bucht auf der anderen Seite Antiguas. 10 Tage lang keine Spur von Wind, nur Sonne, Meer und die felsige Bucht. Als Russell mit ernster Miene an die Reling trat und nach Osten zu den dunklen Wolken hinaufblickte, verging Mike die Freude. «Was ist los Russell?», fragte er und schob gleich hinterher: «freust du dich den nicht? Endlich kommen wir weg hier.»
«Ach Junge», seufzte Russell, «du kannst es nicht sehen, nicht wahr? Das ist nicht einfach nur Wind, Gott stehe uns bei! », mit diesen Worten ging er zum Steuerhaus und stellte das kleine Boot in den Wind.
Liebe Leserinnen, liebe Leser
English version below
Von Zeit zu Zeit werden wir vom Leben mit einem Sturm konfrontiert. Das beginnt schon sehr früh, im Grunde ist bereits die Geburt selbst ein solches Ereignis. Irgendwann merkt ein Säugling, dass er vollkommen von seinen Eltern abhängig ist, damit muss er klarkommen. Etwas später beginnen Kleinkinder zu begreifen, dass es eine Trennung zwischen ihnen selbst und ihrer Umwelt gibt. Dann entdecken sie ihren eigenen Willen. Alle, die mit kleinen Kindern zu tun haben, wissen genau wovon ich spreche.
Das alles sind kleinere Existenzkrisen und sie gehören zu einer «normalen» Entwicklung. Im weiteren Verlauf des Lebens kommen weitere Krisen: Der erste Liebeskummer, Todesfälle im engeren Umfeld, der Verlust einer Stelle oder das Vermasseln einer wichtigen Prüfung usw. Daneben spielt unsere Gesundheit auch nicht immer mit und so gibt es auch in diesem Bereich Herausforderungen zu meistern. Auch dies beginnt bereits wieder im Kindesalter, wer lernte laufen ohne verschrammte Knie? Oder wer war als Kind oder Jugendliche niemals krank?
Auch solche Einschränkungen der Gesundheit können als Krisen gesehen werden.
Einige dieser Krisen sind mir selbst vertraut und einige kann ich, als junger Vater, bei meiner Tochter hautnah miterleben. Dabei ist mir etwas aufgefallen, bzw. bewusstgeworden.
Jedes Mal, wenn meine Kleine eine schwierige Phase durchmachte oder krank war, folgte ein «Entwicklungsschub». Sie konnte Dinge, die sie zuvor nicht konnte.
Klar, es ist sehr subjektiv und Eltern neigen dazu, ihre eigenen Kinder zu überhöhen, aber es gibt in der Psychologie einige Modelle, welche meine eigenen Beobachtungen bestätigen.
Krisen werden in diesen Systemen als Auslöser für Entwicklung und Wachstum beschrieben. Bei genauerem Nachdenken ergibt das durchaus einen Sinn, wir wachsen an Erfahrungen, und Krisen sind nichts Anderes als Erfahrungen. Während des Durchlebens einer Krise wird diese als negativ oder belastend empfunden. Es gibt Krisen, welche so schwer und tiefgreifend sind, dass der betroffene Mensch daran zerbrechen kann.
Ob dies geschieht, oder ob die Herausforderung gemeistert werden kann, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Die Einbettung in ein stabiles soziales Umfeld spielt eine grosse Rolle, die eigene geistige Verfassung und die Fähigkeit, mit neuen Situationen umzugehen, um nur einige zu nennen.
Wird eine Prüfung bestanden, kann das zum Gewinn neuer Fähigkeiten und zu mehr Selbstvertrauen führen, was wiederum die Ausgangslage für spätere Problemstellungen verbessert. Das gilt insbesondere bei Kindern. Es ist notwendig, dass diese lernen Hindernisse selbst aus dem Weg zu räumen, auch wenn das als Elternteil manchmal schmerzhaft sein kann.
Was getan werden kann und auch sollte, ist sie zu unterstützen, um eine gute Basis zu schaffen. Dies ist adaptierbar auf alle Mitmenschen, wir können nicht ihre Krisen bewältigen, aber wir können eine Stütze sein.
Russell und Mike aus meiner einleitenden Geschichte können den aufziehenden Sturm nur gemeinsam überstehen, allein wären sie wohl verloren.
Ich wünsche euch ein spannendes Wochenende voller Gelegenheiten zu wachsen.
Zwei lange Tage und Nächte tobte das Unwetter. Mike wusste nicht recht, wie im zumute war. Er war hungrig, müde und bis auf die Knochen durchnässt. Er hatte gekämpft, gegen den Sturm und gegen sich selbst und seine Angst.
Nun war es Russell, welcher sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. «Du hast deine Sache gut gemacht Junge», verkündete er stolz und fügte hinzu, «das nächste Mal wird es einfacher. »
English version
Mike was so shaken by the sudden wind that he dropped his cup on the deck, where it shattered into a thousand tiny shards.
"Wind! Russell quick! Wind at last! ", he shouted enthusiastically.
Full of joy, he jumped out of the hammock and hastily began to fiddle with the ropes of the sail.
They had been lying in this godforsaken bay on the other side of Antigua since they had fled Saint Johns in a hurry 10 days ago. For 10 days there had been no sign of wind, only sun, sea and the rocky bay. When Russell stepped up to the railing with a serious face and looked east up at the dark clouds, Mike's joy faded. "What's the matter Russell?" he asked, immediately following up by saying, "aren't you glad? We're finally getting out of here."
"Oh boy," Russell sighed, "you can't see it, can you? It's not just wind, Lord have mercy on us! ", With these words he went to the wheelhouse and put the little boat into the wind.
Dear readers
From time to time we are confronted by life with a storm. This begins very early, in fact, birth itself is already such an event. At some point an infant realizes that he is completely dependent on his parents, he has to cope with that. Somewhat later, babies begin to realize that there is a separation between themselves and their environment. Then they discover their own will. All of you who are involved with young children know exactly what I am talking about.
These are all minor existential crisis and they are part of a "normal" growth. As life goes on, more crises come: The first heartbreak, deaths in the immediate family, losing a job or messing up an important exam, etc. In addition, our health does not always play along and so there are challenges to overcome in this area as well. Again, this starts in childhood, who learned to walk without scraped knees? Or who was never sick as a child or teenager?
Such limitations in health can also be seen as crises.
Some of these trials are familiar to me myself and some I, as a young father, can witness first hand with my daughter. In the process, I have noticed, or become aware of, something.
Every time my little one went through a difficult phase or was sick, a "developmental spurt" followed. She was able to do things that she couldn't do before.
Sure, it's very subjective and parents tend to exaggerate their own children, but there are some models in psychology that confirm my own observations.
In these systems, crises are described as triggers for development and growth. On reflection, this makes perfect sense; we grow from experience, and crises are nothing other than experiences. While living through a crisis, it is perceived as negative or stressful. There are crises that are so severe and profound that the person affected can break.
Whether this happens or whether the challenge can be overcome depends on many different factors. The embedding in a stable social environment plays a big role, the own mental condition and the ability to deal with new situations, just to name a few.
If a test is passed, this can lead to the acquisition of new skills and greater self-confidence, which in turn improves the starting position for later problems. This is especially true with children. It is necessary that they learn to remove obstacles themselves, even if this can sometimes be hurtful as a parent.
What can and should be done is to support them to create a good foundation. This is adaptable to all fellow human beings, we can't handle their crises, but we can be a support.
Russell and Mike from my opening story can only overcome the gathering storm together, alone they would probably be lost.
I wish you an exciting weekend full of opportunities to grow.
For two long days and nights the storm raged. Mike did not know quite how he felt. He was hungry, tired and soaked to the bone. He had fought against the storm and against himself and his fear.
Now it was Russell who couldn't help grinning. "You did a good job boy," he announced proudly, adding, "it'll be easier next time. "
Mostly translated with www.DeepL.com (free version)
Text by @captainloken